Heilfasten und dann auch noch wandern? Wie kann man bloß auf eine solch urkomische Idee verfallen und auch noch erhoffen, dass dies ein positives Erlebnis wird. Und was heißt hier eigentlich positive Erfahrung? Du wirst dich grämen, ständig an Essen denken und halbverhungert durch die Gegend irren. Und das groteskeste ist ja wohl, eine solch quälende Veranstaltung in einer ganzen Gruppe zu zelebrieren. Na viel Spaß! Auch wenn meine Gegenüber sich hier und da etwas verhaltener und rücksichtsvoller ausgedrückt haben, dachten sie unisono – jetzt dreht sie vollends am Rad!
Heilfasten dreht am Rad – aber eindeutig in die richtige Richtung.
Natürlich war ich auch ausgesprochen gespannt auf das was mich erwartet. Wie ist wohl das Hotel, wie mag wohl die bunt zusammengewürfelte Gruppe sein und die organisierende Fastenbegleiterin? Nach 100 % Freaks stand mir nämlich nicht gerade der Sinn. Ich tue mich verdammt schwer mit Menschen, die ihre Lebensgewohnheit zur Religion erklären und darüber vergessen, dass das Leben auch sonst noch so einiges zu bieten hat. Für mich war schon immer ein Kriterium, wer gerne isst. Wer puhlt im Essen rum und mäkelt, egal was es gibt? Und wer liebt es mit Menschen am Tisch zu sitzen, zu erzählen und genüsslich zu essen? Gerne auch stundenlang. Für mich eine absolute und nicht aufhebbare Lebensqualität.
Ebenfalls ein dickes Fragezeichen in meinem Kopf, das Thema Wandern. Als Wandervogel und Sportskanone würde ich mich nämlich nicht gerade bezeichnen und mir vergeht der Spaß umgehend, wenn ich mitleidige oder genervte Blicke der Abteilung Askese auf mir spüre. Können Sie das nachvollziehen liebe immerschöne? Ich wollte mich einfach ausprobieren, zur Ruhe kommen, mich in einer mir unbekannten Situation erfahren und vielleicht einige Schlussfolgerungen für mich ganz persönlich daraus ziehen.
Welch ein Gewinn!
Ich sag es gleich zum Anfang liebe immerschöne, es war rundum großartig. Die wirklich bunt zusammengewürfelte 15köpfige Gruppe, war nicht nur interessant, sondern auch ausgesprochen liebenswert. Es gab keine Hornochsereien oder Dünkel, sondern ein schönes und unübergriffliches Miteinander. Aber bekanntlich hängt dies ja immer maßgeblich vom Kopf der Bande ab und hier war ich ganz besonders angetan, denn unsere Fastenbegleiterin war eine ausgesprochen humorige Frau (was in einer solchen Situation ein enormer Gewinn ist) mit ungemeinem Wissen rund um unseren Körper.
Und genau dieses Wissen war sie bereit mit uns zu teilen. Jeden Morgen um 9 Uhr gab es ein gemeinsames Treffen. Die 10-13 km lange Wanderroute wurde besprochen, kurz eines jeden Verfassung gecheckt und dann kamen die wunderbar verständlichen und bildhaften Vorträge.
– Anatomie und Physiologie unseres Verdauungstraktes
– Was geschieht vor allem im Darm?
– Bedeutung von Bakterien im Darm und woher erhalten wir sie?
– Was ist Bindegewebe und wie beeinflusst es das vegetative Nervensystem?
– Warum ist es ausschlaggebend für den Fettabbau?
– Wie wirkt in diesem Zusammenhang das Fasten und das Intervallfasten? (Vorteil 8/16)
– Anleitung des Fastenbrechens und leicht umsetzbare Veränderungen im Alltag.
Zu behaupten, dass auch die ersten zwei Tage absolut kinderleicht fallen, wäre übertrieben. Aber gut angeleitet und sich darauf einlassend, ist es eine wirkliche Erfahrung. Die wunderbaren Gefühle der inneren Ruhe und Stille, die Raum schaffen und Gedanken fließen lassen, die sind es allemal wert. Entschleunigung pur.
Für mich war es ein körperlicher und geistiger Gewinn und hat meine Sinne noch einmal dahingehend geschärft, dass immer Potenzial besteht, die Verantwortung für meinen Körper und mein Wohlbefinden auszubauen. Und zwar ohne große Quälerei, sondern nur mit einer marginalen Veränderung meiner Einstellung.
Ihre Gabriele